Group of Dr. Constantin Hoch - Faculty for Chemistry and Pharmacy

schwieriger03 - Cheat

Die kubische Metrik mit den Auslöschungsbedingungen

hhl nur vorhanden wenn l = 2n

und

00l nur vorhanden für l = 2n

zeigt auf zwei Raumgruppen: P-43n oder Pm-3n. Die beiden gehören unterschiedlichen Laueklassen an und sollten sich daher anhand der Werte für Rint unterscheiden. Lösung in P-43n ergibt einen Rint von 0.1570, in Pm-3n ergibt sich derselbe Rint. Komisch. Na, wenn sich die beiden Laueklassen nicht unterscheiden, dann wählen wir die höhersymmetrische, bleiben also Bei Pm-3n.

Die Lösung gelingt prima, Ich habe 30 Sn- und 10 Rb-Atome vorgegeben. Die E-Wert-Statistik ist unentschieden zwischen zentrosymmetrisch und azentrisch. Na gut, macht nix. Man erhält zwei Zinn-Atome direkt aus der Lösung. 2 Q-Lagen komplettieren das Startmodell, dann bricht die Elektronendichtekarte so deutlich ein, dass man da abschneidet. Alle Atome setze ich zuerst einmal auf den Strukturfaktor von Sn, weil das das schwerste Atom ist. Die erste anisotrope Verfeinerung ergibt noch zwei stark unterschiedliche Q-Restelektronendichtemaxima, die mit eingebaut werden. Noch sitzen alle Atome auf dem Strukturfaktor von Sn.

Upps. Jetzt sitzt eins der Atome sehr nahe an einem Zinnatom dran. Raus damit.

Von den fünf Atomen, die jetzt noch im Modell sitzen, sind zwei Rb-Atome. Wer Rb ist, kann man über eine einfache Bindungsanalyse herausbekommen: alle Sn-Atome sind tetraedrisch (d = ca. 2.8 Angström) von anderen Sn-Atomen umgeben. Beide Rb sitzen in großen Polyedern mit d etwa 4 Angström und nur Sn als Nachbarn. Da die beiden Polyeder unterschiedlich groß sind, haben die beiden Rb sehr unterschiedliche Auslenkungsparameter.

Mist. Der Peak direkt neben dem Sn-Atom, den wir gerade rausgeworfen haben, kommt wieder!

Baut man ihn ein, muss man seinen Besetzungsfaktor frei verfeinern. Das geht nur gut (Korrelationen!), wenn man diese Splitlage isotrop behandelt. Der R-Wert sinkt drastisch, WGHT auch, also muss diese Lage da sein. Zu ca. 20%. Ich nenne die SPlitlage Sn31, sie klebt direkt an Sn3 bei mir. Da die beiden so eng aneinander sitzen, müssen wir eine Entweder-Oder-Besetzung annehmen. Das macht man, in dem man die Temperaturfaktoren mit einer neuen freien Variablen belegt:

FVAR 0.51589 0.68967
SN1 1 0.182722 0.182722 0.182722 10.33333 0.01798 0.01798 =
0.01798 -0.00422 -0.00422 -0.00422
SN2 1 0.500000 0.250000 0.000000 10.12500 0.02706 0.02957 =
0.02706 0.00000 0.00000 0.00000
SN3 1 0.306701 0.113354 0.000000 20.50000 0.01375 0.01501 =
0.01449 0.00000 0.00000 -0.00160
SN31 1 0.348729 0.134845 0.000000 -20.50000 0.01375 0.01501 =
0.01449 0.00000 0.00000 -0.00160
RB1 2 0.000000 0.000000 0.000000 10.04167 0.01788 0.01788 =
0.01788 0.00000 0.00000 0.00000
RB2 2 0.500000 0.000000 0.250000 10.12500 0.05933 0.05933 =
0.02353 0.00000 0.00000 0.00000

Zudem muss man beide Atomlagen mit denselben anisotropen Auslenkungsparameter verfeinern, sonst divergiert die Verfeinerung:

EADP SN3 SN31

Und siehe da: eine zusätzliche Analyse aller Sn-Atome auf Unterbesetzung zeigt, dass da noch eins nur zu 67% da ist. Und zwar das, das eine ziemlich spezielle Lage besetzt. Verfeinerung mit freiem Besetzungsfaktor bringt den R1 in die Gegend von 3%. Wow.

Jetzt macht man noch ne Absorptionskorrektur mit der Summenformel, die die Verfeinerung ergibt: Genau Rb8Sn44 mit Z = 1. Der Kristall hat eine 0.1-mm-Kapillare ausgefüllt, also ist der Radius 0.05 mm. Den Absorptionskoeffizienten entnimmt man dem *.pri-File. Man verfeinert nach den Regeln der Kunst zu Ende uns freut sich über den sehr guten Kristall.

Jetzt ist die Verfeinerung fertig, aber was soll das für eine Struktur sein?

Nun ja, man hat ein Clathrat. Das besteht aus einem Gerüst tetraedrisch koordinierter Sn-Atome. Die Tetraeder sind ganz geringfügig verzerrt. So bilden sich zwei Sorten von Hohlräumen aus: ein Pentagondodekaeder und ein größeres mit zwei Sechseck- und zwölf Fünfeckflächen (Tetrakaidekaeder). Beide sind von Rb besetzt.

Wäre es nun eine Zintl-Phase, wären das zwei Rb+-Kationen. Wenn Sn-Atome negativ geladen sein sollen, müssten sie dreibindig sein. Zählt man nach, hat man 8 Rb-Kationen, dann müssten auch 8 dreibindige Sn-Atome da sein. Wenn man aus einem Tetraedernetzwerk ein Atom rausnimmt, dann haben dessen vier frühere Bindungspartner jetzt nur noch drei Nachbarn. Pro rausgenommenem Atom erzeugt man hier also vier negative Ladungen. Man muss also aus dem Netzwerk zwei Sn-Atome entfernen, um acht dreibindige und damit jeweils einfach negativ geladene Sn-Atome zu erzeugen.

Und jetzt ist ja eine Sn-Lage mit Wyckoff-Nr. 6d nur zu 2/3 besetzt. Wenn man abzählt, ist das genau der Effekt den man braucht: Wir haben Sn-Atome auf 16i, auf 6d und auf 24k (Splitlage, insgesamt voll besetzt). Ergibt 46 Sn-Atome, wenn alles voll besetzt ist, und unter Berücksichtigung der Unterbesetzung von 6d ergeben sich 44 Sn-Atome.

Nach Zintl ist Rb8Sn44 elektronenpräzise.

Was hat es mit der Splitlage auf sich?

Ganz einfach: Wenn das Atom auf 6d statistisch fehlt, dann relaxiert seine dreibindig gewordene Umgebung und weicht in Richtung des entstandenen Loches aus. Daher sind genau so viele relaxierte Split-Atome da, wie Sn-Atome auf 6d fehlen. Wir können also die Besetzungsparameter, die in freier Verfeinerung ja schon sehr ähnlich sind, gleich setzen.

Dass in dieser Verbindung, die, obwohl 2/11 aller Sn-Atome negativ geladen sind, super wasserstabil ist, tatsächlich Sn0 neben Sn- vorliegt, konnte durch Mößbauerspektroskopie gezeigt werden.

03.cif 03.res 03.pri

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